| Mein Jahr in Brasilien |
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Donnerstag, 4. Dezember 2008
Ich lebe noch!
marie luisa, 03:14h
Soooo,...hier kommt mein erstes Lebenszeichen aus Brasilien. Wenn auch reichlich spaet, aber immerhin!
Nach ueber drei Monaten ist hier schon viel passiert, viele tolle und gute Erlebnisse, aber auch ein paar schlechte. Ich versuche Alles verstaendlich aufzuschreiben, wenn ihr noch fragen habt, koennt ihr mich natuerlich immer gerne kontaktieren(Emailadresse auf Nachfrage)... 1.Ankunft 2.Familie(nwechsel) 3.Schule 4.Feiern 5.Sprache/Verstaendigung 6.Land/Kultur 7.Essen 8.Jetzt 1.Ankunft Meine erste Nacht in Brasilien habe ich in einem Hotel in Fortaleza verbracht. Wir, die detusche AFS-Gruppe, sind ueber Frankfurt nach São Paulo und von dort nach Fortaleza geflogen. (Fortaleza liegt circa 10 Autostunden von João Pessoa ,"meiner" Stadt, entfernt.) Dort angekommen wurden wir von AFS-Volunteers oder manche auch schon von ihren Gastfamilien in Empfang genommen. Zu sechst sind wir dann weiter mit dem Taxi ins Hotel; uebermuedet, aber total neugierig, alles Neue sofort aufzunehmen. Im Taxi wurden schon Fotos von Salamandern am Sonnenbaden gemacht, von den Palmen... und vom Meer! Nach einer kalten Dusche wollten wir schnell los, und alles brasilianische so schnell wie moeglich kennen zu lernen. Gewissermassen ging es auch sofort los: wir haben zweieinhalb Stunden auf eine Person gewartet, die uns eigentlich die Stadt zeigen wollte. Dann hat sie aber angerufen und meinte, sie kaeme doch nicht ,weil es jetzt schon so spaet sei... Wir sind dann mit drei Brasilianern (von AFS!) drei Schritte zum Strand gelaufen und haben gerade noch den Sonnenuntergang gesehen. Die erste Kokosnussmilch kam aus einer gruenen Kokosnuss, die es hier scheinbar oefter gibt, als die braune mit "Haaren". Hier heisst das Agua de Coco, also eigentlich Kokoswasser...wir haben uns total wie Touristen gefuehlt und Fotos ueber Fotos gemacht, wollten wissen, wo man Andenken kaufen kann und sprachen alle nur Englisch! Nach einem Spaziergang barfus am Strand hatten ploetzlich alle Hunger. Also haben wir uns in ein Restaurant fuehren lassen, um die brasilianische Variante vom Hotdog zu probieren: Cachorro quente. Der besteht natuerlich auch aus Brotchen mit Wuerstchen, aber dazu kann man noch gaanz viele andere Zutaten waehlen, zum Beispiel Hackfleisch, gemischte Salate, seltsame winzige Vogeleier, geschmolzener Kaese...was dann alles noch mit ins Broetchen gepackt wird. Dazu gab es Guaranà, DAS Kaltgetraenk Brasiliens. Der Geschmack ist schwer zu beschreiben, irgendwie suess und fruchtig, aber auch total leicht...totaal gostoso! Nach unserem ersten halben Tag als Austauschschueler sind wir spaet schlafen gegangen und am naechsten Morgen schon um vier Uhr wieder aufgestanden, mit dem Taxi schnell zum Flughafen und dann wurden wir endgueltig aufgeteilt. Ein paar sind schon direkt ins Flugzei]ug gestiegen, andere mussten sich schnell einchecken und ich habe einen anderen Austauschschueler kennengelernt, der mit mir nach João Pessoa fliegen wuerde. Er heisst Armagan und kommt aus der Tuerkei. Er hatte auf dem Flug irgendwie einen seiner zwei Koffer verloren und er hat mir dann schonmal seine Kultur ein bisschen vorgestellt. Mit ganz vielen wunderschoenen Bildern aus seiner Heimatstadt und tuerkischer Popmusik (den Laptop hatte er zum Glueck im Handgepaeck)... Um sieben Uhr sind wir dann zum Checkin und haben uns von den AFSmitarbeitern verabschiedet. Von nun an mussten wir uns alleine zurecht finden...im Flugzeug nach Recife haben alle geschlafen und ich haette vor Muedigkeit beim Aussteigen fast meinen Reisepass im Flugzeug vergessen. Zum Glueck hat ein Steward ihn mir hinterhergebracht... In Recife standen wir zwei dann erstmal alleine da und haben uns die ueberteuerten Artikel im Dutyfreeladen angeguckt. Um 12 Uhr sollte unser Weiterflug nach João Pessoa gehen und so haben wir uns puenktlich eingecheckt. Leider mussten wir doch noch drei Stunden Verspaetung abwarten, aber das war nicht so schlimm; wir haben naehmlich direkt ein paar nette Brasilianer kennengelernt: einen Anwalt, der uns seine Hilfe in Rechtsproblemen direkt mit Visitenkarte angeboten hat und eine alte, reiche Frau, die sehr gut Englisch sprach. Sie wollte uns sofort zu einer Stadtfuehrung in João Pessoa einladen! Am Nachmittag sind wir dann tatsaechlich in João Pessoa angekommen. Muede, aber gluecklich wurden wir von unseren Gastfamilien empfangen. Meine Gastmutter Anne und ihre zwei Kinder Amanda (2) und Victor (10) waren da. Alle waren total nett und aufgeregt und haben gaaanz viel geredet! Erstmal haben sie gefragt, ob ich schon mal Caipirinha probiert haette, fuer welches (brasilianische) Fussballteam ich stehe und was ich denn schon im Portugiesischen wisse.”Zu Hause” habe ich direkt nach Deutschland telefoniert und dann habe ich meine AFSBetreuerin namens Cristina und deren Nichte Amanda kennengelernt. Schnell habe ich meine Klamotten gewechselt und etwas getrunken. Dann mit Anne Pizza essen gegangen. Wir waren in einer einfachen “Kneipe” und es gab eine RIESIGE Pizza. Anne kannte scheinbar die halbe Kundenschaft und irgendwann kamen auch meine “Gasttante” mit ihrem Sohn vorbei. Mit denen sind wir dann zusammen Schuhe kaufen gegangen und voellig fertig bin ich um ein Uhr nachts ins Bett gefallen (plus Zeitverschiebung also um 6 Uhr morgens...). 2.Familie(nwechsel) Ich habe bereits nach dem ersten Monat eine Gastfamilie gewechselt. Zwar waren alle Familienmitglieder total nett und sympathisch. Aber leider waren sie auch Alle sehr beschaeftigt. Beide Eltern haben gearbeitet und hatten neben der Arbeit noch den Haushalt su machen und sich um die Kinder zu kuemmern. Da meine beiden Gastgeschwister nachmittags zur Schule gegangen sind waehrend ich vormittags, war ich nach der Schule immer bis abends alleine. Ich wusste nicht, was zu tun, denn ausgehen durfte ich noch nicht und so sass ich den ganzen Nachmittag alleine in der Wohnung und habe viel an zu Hause gedacht...ausserdem hat meine kleine “Schwester” extreme Eifersucht entwickelt. Oft hat sie angefangen laut zu schreien, sobald meine Gastmutter sich mit mir unterhalten wollte...ich habe darueber mit meiner AFSBetreuerin geredet und zusammen mit meiner Gastmutter Anne haben wir beschlossen, dass ein Wechsel auch fuer die Familie mehr Sinn machen wuerde. Nun wohne ich in einer Familie, in der ich NIE alleine sein werde. Ich habe zwei Grosseltern; ein Opa namens Marisio, derneunundsechzig Jahre alt ist und sich um Alles, was mit Geld und Besorgungen zu tun hat, kuemmert. “Meine” Oma – Carmita, 72 Jahre alt – isst am liebsten Suessigkeiten und spielt Supermario am Computer. Hier wohnt auch noch ein Onkel, er heisst Eduardo und ist Mitte dressig. Er geht zur Abendschule, weil er im Moment keinen Job hat und schlaeft eigentlich nur im Haus; er geht fast jede Nacht bis spaet aus und ist auch viel bei seiner Freundin. Dessen Schwester ist meine AFSBetreuerin Cristina, meine “Tante”. Ich habe sie unter “Tante” (=Tia) kennengelernt und sie einfach weiter so genannt...sie ist 45 Jahre alt und ist meine “Ansprechpartnerin” in Sachen AFS. Sie holt mich von der Schule ab und bringt mich zum Trompetenunterricht, wenn ich ein Problem habe, dann rede ich mit ihr. Eine Zeit lang hat sie in den USA gelebt und spricht (ein bisschen) Englisch. Allerdings reden wir mittlerweile nur noch Portugiesisch. Meine Schwester Amanda ist ihre Nichte. Vor kurzem ist Amanda 15 geworden und eigentlich total kuhl. Wir reden oft stundenlang, machen Quatsch und gehen zusammen aus. Sie stellt mich ihren Freunden vor und lernt meine kennen. Ab und zu ist sie leider ziehmlich zickig und ignoriert mich tagelang ohne Grund. Meiner Ansicht nach liegt es daran, dass sie es einfach nicht gewohnt ist, eine “Schwester” zu haben, eine gleichaltrige Person, die IMMER mit ihr wohnt, und sich ueberfordert fuehlt. Ich denke, mit der Zeit wird sich das geben und sie wird sich daran gewoehnen! 3.Schule Das brasilianische Schulsystem aehnelt dem deutschen: es gibt 13 Schuljahre und abschliessend das Abitur, um in die Universitaet einzutreten. Allerdings wird hier nach allen drei Oberstufenjahren jeweils eine Abiturpruefung geschrieben, das heisst es gibt das “Vestibular I bis III”. Wenn man ALLE drei Pruefungen bestanden hat, kann man studieren. Auch hier kommt man mit sechs Jahren in die Schule, aber vorher gehen die meisten Kinder bereits in die Vorschule, statt Kindergarten. Schule gibt es nachmittags und vormittags.Ich glaube, die Kinder haben nachmittags Unterricht und Schueler meines Alters gehen vormittags zur Schule. Meine erste Stunde faengt um 7:15 an und geht, wie in Deutschland, 45 Minuten. Nach drei Schulstunden gibt es eine Pause; in der Kantine gibt es Kokosnussmilch und diverse Gebaecke...die Schule endet fuer mich zwischen 12 und virtel vor eins. In ganz Brasilien gibt es Schuluniformspflicht und erst war ich davon ueberzeugt, dass Uniformen bloed sind und ganz bestimmt unbequem, dass sie die Individualitaet der verschiedenen Schueler nicht duldet und dass es langweilig sei, wenn alle gleich aussehen. Jetzt finde ich es aber total gut, dass es Schuluniformen gibt! Es steigert das Gruppengefuehl der Klasse ungemein, ueberall sieht man, wer von welcher Schule ist und wie man zusammen gehoert und hier macht es auch Sinn, Uniformen zu tragen, weil das Problem Bullying eingegrenzt wird. Niemand sieht, wer sich Markenklamotten leisten kann und wer nicht. Und meine fruehere Angst, dass die Schuluniform nicht jedem steht und man deswegen gemobbt wird, wurde hier nicht bestaetigt (Es gibt verschiedene Groessen und auch Schnittformen...^^)! Meine Schuluniform finde ich superbequem: sie besteht aus einer blauen Leggins mit dem orangen Schullogo und dazu einem weissen Poloshirt. Es gibt auch passende Turnschuhe, Socken und Schultaschen, aber die meisten benutzen normale Sneakers in weiss oder schwarz. IN meiner Schule werden die Arbeiten immer freitagnachmittags geschrieben. Jede Woche werden zwei bis drei Faecher ueber den Stoff der letzten Wochen geprueft (alles nur Ankreuzaufgaben). Die Benotung ist ein Punktesystem von 1 bis 10, d.h. zehn ist das beste, eins das schlechteste. Ich habe schon einige Tests mitgeschrieben, aber abgesehen von Englisch leider immer Noten zwischen eins und fuenf erreicht! Das Abitur habe ich mir dann doch nicht zugetraut. Ich gehe hier in das zweite Oberstufenjahr, die 12. Klasse in Deutschland. Die Faecher sind hier vorgegeben, man kann nur waehlen, ob man Englisch oder Spanisch lernen moechte. Ich habe Englisch genommen! Ausserdem habe ich Mathe, Chemie, Physik, Bio, Filosofie, Geschichte, Literatur, Gramatik (PORTUGIESISCHE Gramatik scheint so schwer zu sein, dass man es hier in der Schule lernt...), Geografie und Redação (Textkunde). 4.Feiern Hier war ich schon auf viiiiielen Parties....es gibt nicht nur viele Konzerte von bekannten Bands, diverse Hochzeiten der (meistens GROSSEN) Famile, oder “normale” Geburtstagsfeiern, sondern einen ganz speziellen Anlass zu feiern: der 15. Geburtstag eines Maedchens ist hier sehr wichtig! Es wird gefeiert, dass die “Aniversiante” jetzt eine Frau ist, dass sie weiss was sie tut, dass sie auf sich selbst besser aufpassen kann... und dass sie ueberhaupt in die “Erwachsenenwelt” aufgenommen wird. Zu einer solchen “Festa de quinze anos” werden sehr viele Leute eingeladen, alle tragen feine Kleider und Anzuege, man tanzt Walzer und alles aehnelt mehr einem schicken Ball. Meine erste Feier hier war eine dieser “15. Geburtstagsfeste”. Das Geburtstagskind ,Bia, ist eine Bekannte meiner Schwester. Es wurden gute 300 Leute in einem riseigen geschmueckten Festsaal empfangen. Man ging ueber einen roten Teppich ein, wurde von zwei Tuerstehern kontrolliert. Dann empfing einen die gane Familie der Aniversariante und mit jedem Gast wurden Fotos gemacht. Im Saal war alles in rot, weiss und schwarz geschmueckt, es liefen eine Menge Kellner herum und auf einer Leinwand liefen Kindheitsbilder im Dauermodus. Ueberall hingen riesige Plakate von Bia...um halb zwoelf hat dann der ofizielle Teil des Festes begonnen. Das Geburtstagskind hat mit den 14 besten Freundinnen und den 14 besten Freunden einen Tanz aufgefuehrt, zur Musik vom Phantom der Oper. Dann hat sie mit diversen Onkels den Walzer (hier Valsa) getanzt und ihre beiden Eltern haben eine Rede gehalten. Danach haben alle Gaeste “Parabéns” gesungen (Happy Birthday)...um circa halb eins sind schon viele der Erwachsenen gegangen und eine Band ist aufgetreten. Es wurden bekannte brasilianische Lieder gespielt und auf diesem Fest habe ich ganz neue Musikstile kennengelernt: es gibt Forró, ein Paartanz, der dem Hassel aehnelt, aber mit sehr viel Huefte und vor allem sehr eng getanzt wird. Es gibt Axé, den ich bis heute nicht verstanden habe, und natuerlich Samba. Es war total AUFREGEND, auf der Tanzflaeche zu stehen, eingeklemmt zwischen hunderten tanzenden, “aufgeputschten” Brasilianern. Alle haben die Lieder mitgesungen und wild getanzt...alle hatten ihre Stoeckelschuhe ausgezogen und die Hemden hochgekrempelt und man hat eigentlich fast nichts mehr gesehen, vor lauter kuenstlichem Rauch und wilden Lichtspielen. Es gab eine Bar und ein Schokoladenfondue, ein Filmteam hat alles gefilmt und Bia hat ungefaehr viermal das Kleid gewechselt. Sehr frueh am Morgen wurde ich dann von meinen “Grosseltern” mit Amanda abgeholt und wir wollten nur noch schlafen. Diese Party war beeindruckend perfekt!!! Auch meine Gastschwester hat vor kurzem ihren 15. Geburtstag gefeiert und zwar wurde zu Hause gefeiert und nicht im Klub, es waren 150, statt dreihundert Leute da und es gab keine eigene Band, aber auch diese Feier war so uebermaessig GROSS und WICHTIG! Amanda hat zum Walzertanz ein weisses Kleid getragen, das einem Brautkleid aehnelte und ihr Vater ist extra mit seiner (neuen) Frau aus Manaus gekommen. Auf dieser feier hat der DJ sogar ein paar deutsche Lieder gespielt, und als Erinnerung habe alle Gaeste ein Geschenk bekommen. Es gab kleine Torten mit einem Foto von Amanda aufgedruckt und die Geburtstagstorte war lila und in Form eines Geschenkstapels. Noch am selben Tag hat sie ihre zahlreichen Geschenke ausgepackt; hauptsaechlich Parfum und Schminke, aber auch viele Klamotten, Schuhe und Handtaschen... bis jetzt war ich nur auf zwei solcher Parties, aber demnaechst steht wieder eine an!!! Die Konzerte hier sind ebenso wild und aufgedreht wie in Deutschland, nur dass sehr viel mehr “getanzt” wird. Oft ist die ganze Tanzflaeche voller tanzender Paerchen und ich habe auf Konzerten tanzen gelernt, anstatt in der Tanzschule! 5.Sprache/ Verstaendigung Mittlerweile spreche ich mehr oder weniger Portugiesisch. Auch wenn ich noch Probleme in der Gramatik habe und oft einen falschen Futur anwende, oder den Imperfekt grundsaetzlich nicht benutze, werde ich meistens verstanden. Ich unterhalte mich mit allen auf Portugiesisch und jeden Tag lerne ich ein bisschen mehr, ich werde oft noch korrigiert und daraus lerne ich auch sehr viel! Ich habe direkt am Anfang versucht, zu sprechen, und habe mir keinen Kopf gemacht, ob es jetzt richtig oder falsch ist, was ich da sage. Immernoch muessen die Leute hier ab und zu lachen, weil ich ganz einfach irgendwelche Woerter “erfinde”, die mir richtig vorkomen. Zum Beispiel faellt mir ein lateinisches Wort ein (oder ein franzoesisches) und ich forme einfach die Endung um; und manchmal ist das ja auch korrekt, aber manchmal existiert das Wort eben nicht, oder es hat eine andere Bedeutung. Jetzt denke ich sogar schon teilweise in Portugiesisch, was mich am Anfang erschreckt hat! Ploetzlich war ich unsicher, wie man ein bestimmtes deutsches Wort schreibt und manchmal finde ich einfach kein Wort im Deutschen, das einem speziellen Portugiesischen entspricht. Ueberhaupt ist mir hier klar geworden, dass man zwar alles halbwegs mit Hilfe eines Woerterbuchs verstehen kann und sich irgendwie den Sinn der Woerter in einem Text zusammenreimen kann, wenn man sie nachschlaegt. Aber SPRECHEN lernt man am besten mit den Leuten! Ich habe die ersten zwei Monate komplett ohne Dicionario ueberlebt, weil ich es am Flughafen in Fortaleza verloren habe. (Dann habe ich mir doch eins gekauft, weil ich in der Schule die Hausaufgaben nicht geschafft habe. Die Fachbegriffe waren mir dann doch zu kompliziert...) Oft wird man verstanden, wenn man sich vorher die Woerter heraussucht und zu einem Satz bastelt, aber mir ist aufgefallen, dass sehr viele Worte -die uebersetzt im Deutschen staendig benutzt werden- hier unbenutzt sind, oder unfreundlich klingen (und auch umgekehrt). Ich finde, man muss einfach zuhoeren und versuchen, mit den Worten zu sprechen, die man im Gespraech hoert, nicht die, die man im Nachschlagewerk findet. (War das zu kompliziert?!^^) Anfangs habe ich viel Englisch gesprochen, weil wir als Auslaender einfach auf eher auf Englisch angesprochen werden. Nach einiger Zeit habe ich aber versucht, mit meinen wenigen, fehlerhaften Sprachkenntnissen auf Portugiesisch zu antworten. Irgendwann habe ich gemerkt, dass man auch mit dem “brasilianischen Englisch” Portugiesich lernen kann. Zum Beispiel werden hier oft Satzbaufehler gemacht, die im Portugiesischen Sinn ergeben und es werden englische Worte verwendet, die ich nie zuvor gehoert habe, die es im Portugiesischem aber gibt. Bald wurde mit mir Portugiesisch gesprochen und auch, wenn ich OFT nachfragen musste, hat es mir SEHR geholfen! Jetzt finde ich es komisch, mit einem Brasilianer Englisch zu sprechen und spreche einfach drauf los. Oft denke ich leider zu schnell und mache “Fluechtigkeitsfehler” im Sprechen! Das werde ich aber bestimmt mit der Zeit lernen... 6.Land/Kultur Ich habe mich vorher fast ueberhaupt nicht ueber die brasilianische Kultur oder ueber Brasilien als Land informiert und bin ziehmlich “unwissend” hier angekommen. Sehr schnell habe ich aber viel gelernt. In der Schule im Geschichtsunterricht, Geografie und Biologie, aber auch im Alltag. Natuerlich wurde ich ab und zu gefragt, was ich denn schon wisse, aber wenn ich nichts wusste, war niemand beleidigt, wie ich befuerchtet hatte, sondern dann wurde mir eben was erzaehlt. Auch wenn ich normalerweise schlecht Zahlen und Daten im Kopf behalte, werde ich diese hier wohl erstmal nicht vergessen: Brasilien hat 186 Millionen Einwohner und ist damit der bevoelkerungsreichste Staat Suedamerikas. Brasilien wurde von den Portugiesen 1500 entdeckt und bis zum Unabhaengigkeitstag Brasiliens am 7. September 1822 (“Proclamação da Republica”) beherrscht. Die Hauptstadt Brasilia wurde um 1960 innerhalb von drei Jahren erbaut und heute leben dort fast 200 000 Menschen (abgezogen die Einwohner der Favelas am Stadtrand). Der hoechste Berg in Brasilien ist der Pico da Neblina mit 2994 Metern im Grenzgebiet zu Venezuela und Guyana. Allerdings ist der beruehmteste Berg der Corcovado in Rio de Janeiro. Er ist 710 Meter hoch und auf seinem Gipfel steht die Erloeserstatue. Durch Brasilien fliesst der Amazonas und sit mit Nebenfluessen der wichtigste Fluss Suedamerikas. Er ist circa 6450 Kilometer lang und hat seinen Ursprung in Peru (Nevado Mismi), muendet in Brasilien in den Atlantik. Der heutige brasilianische Praesident heisst Luiz Inácio Lula da Silva (kurz Lula). Er kommt aus der Arbeiterpartei Brasiliens und unterstuetzt soziale Projekte wie “Fome zero” (gegen Hungernot). Die groessten Probleme Brasiliens sind Hungernot, Armut und Kriminalitaet. Ueber die brasilianische Kultur habe ich fast nichts in der Schule gelernt, dafuer um so mehr im Alltag. Ich muss zugeben, dass ich einige “Vorstellungen” (oder Vorurteile?) ueber Brasilianer hatte, bevor ich hier angekommen bin. Ich habe mir vorgestellt, dass hier alle immer zu spaet kommen, dass jeder jeden kennt und, dass Brasilianer sehr emotional sind und staendig lachen oder weinen. Ich habe herausgefunden, dass das ein ziehmlich verzerrtes Bild Brasiliens ist... es gibt hier tatsaechlich recht viele Leute, die durchaus zwei Stunden zu spaet kommen und wenn man ein Fest feiert, geht man davon aus, dass die meisten Gaeste eine halbe bis volle Stunde spaeter sind. Allerdings gibt es Termine, zu denen alle puenktlich kommen, z.B. zur Schule oder zur Arbeit. Und es gibt auch viele Personen, die einfach immer puenktlich sind! Dass hier jeder jeden kennt kommt mir wirklich so vor. Zumindest in João Pessoa (nicht gerade eine Grossstadt) scheinen sich alle Leute zu kennen. Wenn ich aus dem Haus gehe, kennen auch mich schon alle, weil meine Tante mich allen, die sie kennt vorgestellt hat. Staendig winkt man irgendwem zu und wenn ich dann frage, wer das ist, dann wissen sie meistens sogar die komplette Familiengeschichte und wer wann gestorben ist oder geheiratet hat... natuerlich kann ich nur von meiner Familie und meinen Freunden sprechen und ganz sicher gibt es auch hier Ausnahmen. Sehr emotional sind die Leute hier auch, aber nicht immer. Das finde ich kompliziert zu erklaeren...es gibt viele Situationen, in denen jemand ploetzlich in Traenen ausbricht, wenn eine ruehrende Geschichte erzaehlt wird, und Brasilianer lachen gerne und viel. Aber manchmal verstecken sie ihre Gefuehle auch sehr. Fuer mich war es schwer zu verstehen und zu lernen damit umzugehen. Oft spricht man hier sehr indirekt und vorsichtig, um auf keinen Fall zu zeigen, was man WIRKLICH ueber die Situation denkt. Und vielleicht auch um niemanden zu verletzen. Man sagt z.B. nicht gerne “Nein”, sondern lieber “Vieleicht” und ist in Wirklichkeit aber sauer, wenn das “Vielleicht” zum “Ja” interpretiert wird...grundsaetzlich ist das ja auch sehr freundlich, nur dass ich mich erst daran gewoehnen musste. Eine andere Eigenschaft, die ich bis jetzt bei allen Brasilianern gesehen habe, ist die Spontanitaet. Man geht spontan zu einer Feier, obwohl man fuenf Minuten vorher gesagt hat, man wolle nicht gehen. Jemand kommt spontan zum Quatschen vorbei und bleibt den ganzen Nachmittag... 7. Essen Ich liiiiiiebe die brasilianische Kueche!!!! Sie ist ziehmlich anders als die Deutsche und insgesamt eher suess und mild. Bei mir zu Hause gibt es jeden Tag Feijoada, eine Art Bohneneintopf aus kleinen braunen oder gruenen Bohnen mit einer dickfluessigen Fleischsosse. Dazu isst man meistens Reis. Ausserdem gibt es dazu fast immer Farofa, ein gelbliches Pulver aus Ei, Mehl und einem pflanzlichen Zusatz (ich glaube eine Art Wurzel). Couscous gibt es oft in meiner Region, dem Nordosten Brasiliens mit den verschiedensten Zutaten. Mit Ei, Kaese, Fleisch, Zucker,...auch typisch fuer diese Region hier sind Meeresfruechte. Vor allem im Sommer (November, Dezember, Januar) essen sie hier sehr viel Hummer und Shrimps, in tausenden Variationen (gegrillt, ueberbacken, gekocht,...). Fast nie wird Gemuese roh gegessen, dafuer staendig Obst der veschiedensten Arten. Da Fruechte in Brasilien sehr billig sind, werden sie in Brasilien sehr viel gegessen. Ich esse jeden Tag zum Fruehstuck Papaya und wir haben fast immer Wassermelone, Mango und Ananas. Ausserdem gibt es hier Obstsorten, die ich noch nie gesehen habe: Fruechte mit gruener Schale und leuchtend pinkem Fruchtfleisch, fast braune, die ueber und ueber mit Stacheln bedeckt sind oder formlose, violette Fruechte, die innen weiss und kernlos sind... Die brasilianischen Nachspeisen sind sensationell gut!!! Es gibt eine Menge und alle, die ich bis jetzt probiert habe waren koestlich. Das beruehmteste Dessert nennt sich Brigadeiro. Es sind kleine, runde Baellchen, wie aus einer Masse aus Kondensmilch und Kakao gemacht ist. Auf jedem Fest gibt es Brigadeiro und auch zu Hause wird es oft gemacht. Statt Marmelade gibt es in Brasilien diverse “Doce” (Suesses aus Fruechten). Im Prinzip ist es ein Muss aus konservierter Frucht mit sehr viel Zucker, ungefaehr das gleiche wie Gelée. Meine Oma macht am liebsten eine Art Eis aus “Doce de Goiaiaba”. Sie hat mir versprochen, dass sie mir vor Weihnachten noch beibringt, brasilianisch zu kochen. Das wird sicher super gut, ... 8.Jetzt Im Moment habe ich Ferien. In der Schule wird gerade das Abitur geschrieben und ich habe mich dazu entschlossen, lieber schon Ferien zu haben, als Pruefungen zu schreiben, deren Ergebnisse mir ueberhaupt nichts bringen... jeden Tag gibt es irgendwas zu tun und ab und zu besuche ich “meine” Grosstante und ihren Mann, der vor ein paar Jahrzenten mal irgendwann deutsch gelernt hat und seit dem an allem deutschen sehr interessiert ist. Die beiden sind total nett und ich liebe es, bei ihnen zu sein und mich einfach zu unterhalten! Ausserdem gehe ich seit ein paar Wochen ins Fitnessstudio. Dreimal die Woche mache ich dort zwei Stunden Sport. Danach fuehlt man sich einfach super und ausserdem habe ich seit einiger Zeit das Gefuehl, dass ich schon ein bisschen zugenommen habe... Gestern hatte ich ein Trompetenkonzert. Ich habe das bekannte brasilianische Stueck “Sabiá” gespielt.... vielleicht trete ich nach den Ferien in das Jugendorchester von João Pessoa ein; jetzt habe ich erstmal normalen Unterricht! Ich werde in diesen Ferien auch reisen. Wenn alles klappt fliege ich im Januar nach Rio de Janeiro!! Wir werden dort dann zwei Wochen lang im Haus eines Onkels wohnen und ganz sicher alles suuper geniessen.... ... comment |
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Letzte Aktualisierung: 2008.12.04, 03:17 status
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